Nach zwei Nächten im schönen Kashan fuhr ich am 11. Mai 2015 mit den Franzosen Tristan, Xavier und Olivier im Bus nach Esfahan, wo ich mit Tristan für die nächsten drei Nächte ein Hotelzimmer teilte. Esfahan ist einer der touristischen Hotspots im Iran, dies aber völlig zurecht! Die zahlreichen Bäume neben den Strassen und die vielen grünen Parkanlagen schmeicheln der Stadt enorm, man fühlt sich hier auf Anhieb wohl. Der berühmte Imam-Platz (Meydan-e Imam) ist gemäss meinem Reiseführer mit seinen 160 mal 510 Metern nach Pekings Tiananmen-Platz der zweitgrösste Platz der Welt, und sicher einer der schönsten der Welt. Zum Ensemble des zum UNSECO Weltkulturerbe zählenden Imam-Platzes gehören der Basar am Nordende, die herrliche Lotfullah-Mosche an der Ostseite, die grosse Imam-Moschee am Südende und der Ali-Qapu Palast an der Westseite. Rund um den Platz befinden sich unzählige Souvenir Shops, die zwar praktisch alle dasselbe verkaufen (Schmuck, Teppiche, Tischdecken und Miniaturmalereien), aber trotzdem die spezielle Atmosphäre des Platzes nicht zerstören. Gut, ich vermisse ein paar nette Cafés oder Restaurants mit Sitzgelegenheiten auf dem Platz, aber das gilt für den gesamten Iran: es gibt nirgendwo hübsche Gastrobetriebe wo man draussen sitzen kann. Vermutlich ist irgendein Gesetz daran schuld oder die Nachfrage nach solchen Verweilmöglichkeiten ist bei den Iranern schlicht nicht vorhanden, was ich zwar nicht glaube. In meinen Augen sind nette Cafés mit externen Sitzmöglichkeiten inklusive Sicht auf historische Gebäude DIE Marktlücke im Iran, womit man sehr erfolgreich sein könnte, wenn es denn erlaubt ist.
Tristan, Nienke, eine allein reisende Holländerin, und ich besuchten eines Abends die berühmten Brücken im Süden des Zentrums. Wir hatten Glück, denn der Fluss (Zayandeh Rud) führte Wasser, was anscheinend keine Selbstverständlichkeit ist. So konnten wir hautnah erleben, wie die Iraner am Abend am Wasser chillen, Volleyball spielen, picknicken, Wasserpfeife rauchen und singen. Wir wurden ununterbrochen von freundlichen Iranern angesprochen, durften leckeren Kuchen probieren, rauchten Wasserpfeife und mussten immer wieder für Fotoshootings herhalten. Dank Nienke kamen wir auch mit vielen Iranerinnen ins Gespräch, was Tristan und ich selbstverständlich äusserst toll fanden. Iranische Frauen erscheinen mir überhaupt nicht als unterdrückt oder so, aber besonders während einem Gespräch mit einem älteren männlichen Zeitgenossen haben wir halt schon bemerkt, dass Nienke als Frau entweder nicht ins Gespräch miteinbezogen wurde oder ihr gewisse Tätigkeiten nicht zugetraut wurden: alleine Campen geht ja mal gar nicht als Frau, was soll das arme Ding denn machen, wenn z.B. eine Schlange auftaucht?! Und Vreni und Sabine, zwei Schweizerinnen (Mutter und Tochter) haben mir vor ein paar Tagen in Kashan berichtet, dass sie an der Rezeption – mitten im Gespräch oder beim Bezahlen – von einem Iraner beiseite geschoben wurden, und der Angestellte dann zuerst den Mann bediente, bevor er sich wieder den beiden Frauen annahm. Vreni weiss sich aber zu helfen, sie macht seither in solchen Situationen dem Drängler klar und lautstark verständlich, dass sie zuerst da war, und das klappt dann auch.
Nach vier wunderbaren Tagen in Esfahan fuhr ich am 14. Mai 2015 weiter südlich nach Yazd. Diese Stadt liegt nahe der Wüste, was ich gleich nach Ankunft um 13.00 Uhr deutlich spüren konnte: es herrschte eine Affenhitze und alle Geschäfte hatten geschlossen. Die Einwohner schliessen ihre Geschäfte von ca. 13.00 bis 16.30, während dieser Zeit verkriecht man sich am besten auch in seinem Hotel und macht Siesta bis die Temperaturen wieder einigermassen erträglich sind. Yazd bietet einige Sehenswürdigkeiten wie den Dowlatabad-Garten (sehr schön), den Zorastrischen Feuertempel (langweilig, da nur ein kleines Gebäude mit einem Feuer hinter einer getönten Glasscheibe) und die beiden Schweigetürme (super) am Rande der Stadt. An dieser Stelle nochmals ein grosses Dankeschön an Vreni und Sabine für die Mitfahrgelegenheit zu den eben erwähnten Schweigetürmen und dem Feuertempel! Yazd versprüht einen ganz anderen Charme, als die anderen Städte, die ich bisher im Iran erlebte, die niedrigen beigen Häuser aus Lehm mit den Windtürmen zeigen deutlich, dass man sich in einer sehr heissen Gegend aufhält.
Nach einer fünf-stündigen Busfahrt verbrachte ich noch zwei Nächte in Garmeh, ein kleines Dorf bei einer Oase mitten in der Dasht-e Kavir Wüste, nord-westlich von Yazd. Dort gab es nicht wirklich viel zu tun, ich genoss einfach die lärm-, menschen- und autofreie Zone, führte lange und interessante Gespräche mit den anderen Reisenden – alles super nette und angenehme Menschen aus Iran, Deutschland, Italien, Schweden und Holland – und tauchte bei der Quelle am nahe liegenden Berg meine Füsse ins Wasser und genoss die gratis Pediküre der kleinen Fische! Eigentlich wollte ich noch eine Nacht in der (Sand-)Wüste verbringen, aber einerseits fand ich den Preis von USD 120.- pro Kopf für iranische Verhältnisse eine Unverschämtheit und ich musste leider feststellen, dass mir gar nicht mehr so viele Tage im Iran verbleiben; mein 30 Tage Visum läuft am 25. Mai ab, und ich will unbedingt noch nach Shiraz mit Persepolis und auf die Insel Qeshm im Persischen Golf. Hach, dieser Stress, dann werde ich halt irgendwo anders auf diesem Planeten in der Wüste fernab jedwelcher Zivilisation nächtigen…. ich weiss, an dieser Stelle darf ich nicht auf euer Mitleid hoffen 🙂
cool!
Lieber Michi
Lese regelmässig mit – bisher alles sehr interessant! Wünsche dir weiterhin viele schöne / interessante Eindrücke und viel Spass auf deinem weiteren Reiseweg…!
LG
Philipp