Tehran

Mit Pegasus Airlines bin ich von Istanbul um 23.00 abgeflogen und in Tehran, Iran, um 04.00 Ortszeit am Sonntag 26. April 2015 angekommen. Die Islamische Republik Iran hat eine exotische Zeitzone: ich bin der Schweiz um 2.5 Stunden voraus.

Am Flughafen wimmelte ich erst mal die netten aber aufdringlichen Taxifahrer ab, die wie Fliegen um die wenigen Individualtouristen schwirren und eine Fahrt ins Zentrum von Tehran anpreisen. Ich hockte mich erstmals für 2 Stunden in einen Imbiss am Flughafen, trank türkischen Kaffee und studierte in aller Ruhe meinen Reiseführer, den ich bisher nur kurz und stellenweise durchblätterte. Aha, ins Zentrum soll man eines der offiziellen Flughafen Taxis nehmen, die verlangen gemäss Reiseführer 550’000 Rial, während der nette private Taxifahrer 1’200’000 Rial verlangte. Am entsprechenden Schalter also eine Fahrt ins Zentrum, resp. ins Hotel Firuzeh gebucht, welche aber 650’000 Rial kosten sollte. Schnell nachgerechnet – ich wechselte kurz vorher im Flughafen von Tehran Türkische Lira in Iranische Rial um, also rechnete ich mit Stift und Handy Iranische Rial in Türkische Lira in Schweizer Franken um – und den Preis für akzeptabel befunden. 100’000 Rial sind ca. 3.- CHF.

Tehran ist sehr interessant, völlig anders als Istanbul, die Gebäude sind tendenziell eher niedriger und architektonisch anders gebaut. Hinzu kommt die völlig andere Beschriftung, andere Fahrzeuge, andere Menschen und natürlich tragen alle Frauen ein Kopftuch. Der Verkehr ist so was von unorganisiert, das reinste Chaos! Trotzdem funktioniert es irgendwie ohne grösseren Zwischenfälle, ich habe zwar jeden Tag kleinere Unfallstellen gesehen (nur Blechschäden), wo die betroffenen Fahrer und diverse Schaulustige laut und heftig gestikulierend miteinander diskutierten, aber der Verkehr hat etwas organisches, die Autos und Motorräder bewegen sich einer zähen Masse gleich durch die Strassen, gehupt wird selbstverständlich praktisch nonstop. Will man eine Fahrbahn überqueren, muss man allen Mut aufbringen und sich einfach durchschlängeln und auch mal stinkfrech ein Auto zum Abbremsen zwingen (natürlich erst, nachdem man Augenkontakt mit dem Fahrer hergestellt hat), sonst kommt man nie auf die andere Seite, es sei denn, es hat einen der wenigen Fussgängerstreifen mit Ampel. Dem grünen Männchen darf man aber nie blind vertrauen und einfach drauflos laufen, es fahren nämlich immer einige Autos und vor allem Motorräder trotz Rotlicht weiter. Die ersten beiden Tage habe ich mich immer anderen Fussgängern angeschlossen und habe im Schutz deren Windschatten die Strassen überquert, mittlerweile bin ich daran gewöhnt und komme nicht mehr so schnell ins Schwitzen, wenn ich mal alleine die Strasse überqueren will.

Die Menschen in Tehran sind überaus freundlich und alle die Englisch können – und sei es nur Hello, how are you? Welcome to my country! – sprechen mich an und wollen mir helfen, den Weg zu was auch immer zu finden. Diejenigen die ein bisschen besser English oder Französisch können, wollen meist wissen, woher ich komme (Germany? …ahh, Suuuiiiiiiiis!), wie mir der Iran gefällt, was ich über den Iran denke, was ich in der Schweiz über den Iran gehört habe und ob ich denke, dass Iraner alles Terroristen sind.

Am ersten Tag sprach mich unter anderen Mohammad an, ein 23 jähriger Iraner, der mir spontan während 5 Stunden den grossen Basar, das Nationalmuseum, das Bagh-e-Melli Tor, den Imam Kohmeini Platz und vieles mehr zeigte. Der grosse Basar (Bazar-e Bozorg) ist einer der grössten überdachten Basare der Welt, er ist irgendwie ähnlich wie der in Istanbul, aber trotzdem anders: im grossen Basar von Tehran geht es viel hektischer zu und her und man muss dauernd aufpassen, nicht von einem der zahlreichen Transporteure mit ihren kleinen Wagen (Guris) gerammt zu werden. Diese Transporte (ausgeführt von Knaben und Männern jeden Alters) sind ein Indiz dafür, dass dieser Basar ein wichtiger Umschlagplatz für Zwischenhändler ist. Mohammad zeigte mir zudem einen Shop, wo ich eine iranische SIM Karte kaufen konnte: für 350’000 Rial kriegte ich eine Prepaid SIM Karte von MTN Irancell mit 50’000 Rial Guthaben, ohne mich zu registrieren, meine Personalien anzugeben oder meinen Pass zu zeigen! Praktisch, nun kann ich super günstig Hotels und neue Freunde anrufen (Iraner sowie andere Reisende) und wenn ich in einer Stadt bin, wo der Empfang ausreicht, auch im (zensurierten) Internet surfen. Youtube und Facebook gehen z.B. nicht, zumindest nicht ohne technischen Tricks 🙂

Mohammad nimmt seine Religion sehr ernst, er gehört den Schiiten an ging zwischendurch mal in eine Moschee beten, während ich mein erstes iranisches Essen, Chelo Kebab (Kebab mit Reis), genoss. Er war sehr an meinen vergangenen Freundinnen interessiert (wie viele, wie alt, wie lange waren wir zusammen, etc.), und wollte auch sonst vieles wissen, z.B. wie man sich den gegenseitig vertrauen kann, ohne verheiratet zu sein. Ich versuchte ihm meine Weltanschauung und die westliche Art zu leben so gut wie möglich zu erklären, und er mir seine. Unsere Gespräche waren ein super Einstieg in den Iran!

Nach 2 Nächten im Hotel wechselte ich meine Unterkunft in die Wohnung von Mehran und seiner Schwester Matine in einem anderen Stadtviertel. Mehran ist auf Couchsurfing aktiv und hat schon einige Gäste aus aller Welt bei sich zu Hause beherbergt. Ich bin über eine iranische Freundin von Emre (Vermieter in Istanbul) an Mehran vermittelt worden; grossartig, wie nützlich und hilfreich so ein Netzwerk an internationalen Freunden sein kann! Die Zeit mit Mehran war sehr interessant und aufschlussreich: ich lernte seine Freundin kennen, sah wie Iraner in Tehran wohnen und essen und verbrachte einen sehr lustigen Abend bei einer kleinen Hausparty. Mehran und seine Freunde sind mir und meinen Freunden in der Schweiz sehr ähnlich, irgendwie das Gegenteil vom religiösen Mohammad, mit dem ich aber auch sehr gerne zusammen war.

Am Mittwoch 29.04.2015 fuhr ich auf den Tochal (Endstation auf ca. 3’700 m), Tehrans Hausberg, wo ich Iraner beim Skifahren und Snowboarden beobachten konnte, wie geil ist das denn?! Die Fahrt mit der 1977 erbauten Gondelbahn war vielleicht ein Abenteuer, der Nervenkitzel glich der Fahrt mit einer Achterbahn die zugleich eine Geisterbahn ist: die Gondel quietschte und klapperte während der ganzen Fahrt, überall Rost an den Masten und die Türen müssen vom Personal von Hand aufgewuchtet werden!

Mohammad and me at his cousins shop Curious student at Golestan Palace Pita bread bakery Azadi Monument in Tehran Grand Bazaar What to dispose, trash can at Holy Defense Museum Ali the skiing instructor on Tochal, 3'700 m Random Mosque Former US Embassy in Tehran Demonstration in front of Parliament House, take notice of the prohibition sign :-) Emamzadeh Saleh Mosque View from Milad Tower