Am Dienstag 05. Mai 2015 fuhr ich mit einem Savari-Taxi von Ardebil nach Tabriz. Diesmal waren wir nur zu dritt im Taxi; die beiden Fahrgäste vor mir wollten endlich losfahren und nicht auf eine vierte Person warten, so zahlte jeder von uns 100’000.- IRR extra, damit der Chauffeur losfuhr. War mir auch recht, je nachdem hätten wir sonst noch 1 bis 3 Stunden auf eine vierte Person warten können.
Tabriz selber fand ich irgendwie nicht so wahnsinnig toll, was sicher zum Teil auch auf die schäbige aber sehr günstige (370’000.- IRR) Unterkunft zurückzuführen ist. Ausserdem kam ich von einer schönen Bergwelt rund um Ardebil in eine riesen grosse und lärmige Stadt, was die Attraktivität von Tabriz in meinen Augen nicht wirklich förderte. Klar, der zum UNESCO Weltkulturerbe gehörende Basar von Tabriz ist sehr schön, aber sooo wahnsinnig anders als die anderen Basare ist er nun auch nicht. Aber in Tabriz habe ich bisher im schönsten und besten Restaurant gegessen: im Shahriar, ein stilvoll eingerichtetes Restaurant in einem alten Hamam, wo ich mit Safran gewürztes Chicken Kebab mit Reis genossen habe, top!
Nach nur einer Nacht in Tabriz machte ich mich auf den Weg nach Süden, aber nicht bevor ich noch einen Abstecher nach Kandovan unternahm, ein pittoreskes Felsendorf, welches mit seinen Höhlenwohnungen in den Tuffstein Felswänden sehr an Göreme in der Türkei erinnert. Während Göreme eher ein herausgeputztes Freiluftmuseum ist, wohnen in Kandovan tatsächlich noch viele Menschen in den Höhlenwohnungen, aber der Tourismus ist klar die Einnahmequelle Nummer 1. Leider stammen die Souvenirs – Taschen und Portemonnaies mit hübschen Stickereien – ausnahmslos alle aus Aserbaidschan, nix mit “Made in Iran”. Trotzdem, oder wohl gerade deswegen, sind die Iraner voll scharf auf diese Souvenirs…
Gegen Abend fuhr ich das erste Mal mit einem VIP Bus, wobei VIP für “Very Important Passenger” steht. Die Sitze ähneln der Business Class in Flugzeugen, super bequem! Eine enorme Beinfreiheit und die Möglichkeit, den Sitz nahezu horizontal einzustellen, machen längere Busfahrten fast zu einem Vergnügen. Wobei eines störend ist: Pinkelpausen gibt es keine, also ja nicht zu viel trinken vor einer längeren Busfahrt! Während der Fahrt übte ich mit meinem Sitznachbarn Englisch, worüber er sich sehr freute und mir einen Apfel schenkte. Er lud mich nach der Ankunft in Zanjan zu sich nach Hause ein, was ich aber ausschlug und er das Angebot nicht wiederholte, also meinte er es nicht wirklich ernst, sonst hätte er darauf bestanden. Diese typische iranische Verhaltensweise nennt sich Tarof, eine Art formalisierte Höflichkeit. Wenn ein Iraner mir etwas anbietet, muss ich zwei oder dreimal ablehnen, erst danach kann ich sicher sein, dass das Angebot ernst gemeint ist. Klingt kompliziert und das ist es auch…
Am Donnerstag 07. Mai 2015 handelte ich mit einem Savari-Taxifahrer in Zanjan einen Round Trip nach Tahkt-e Soleiman aus, eine wirklich schöne und eindrückliche alte Feuertempelanlage in ca. 2’200 m Höhe, auch UNESCO Weltkulturerbe. Im Zentrum der Anlage liegt ein fast kreisrunder und 21°C warmer artesischer Quellsee mit ungefähr 80 m Durchmesser.
Am 08.05.2015 verbrachte ich knapp 6 Stunden im Bus von Zanjan bis nach Qom. VIP Bus sei Dank habe ich diese lange Fahrt gut überstanden, trotz keiner Pinkelpause. In Qom liegt die Grabmoschee von Fatemeh (Fatima) Masumeh, das zweitwichtigste schiitische Heiligtum im Iran (in Mashhad befindet sich das wichtigste). In Qom gibt es zahlreiche theologische Hochschulen, was sich auch an den vielen, aus aller Welt kommenden schiitischen Geistlichen in den Strassen zeigt. Diese erkennt man einfach an ihren braunen Aba-Umhängen aus Kamelhaar und sie tragen entweder einen weissen oder einen schwarzen Turban, wobei letzterer bedeutet, dass dessen Träger ein Nachfahre des Propheten ist. Das Heiligtum der Fatemeh Masumeh ist stark besucht und voller Menschen, mit seinen Spiegelmosaiken und Fliesenbändern sehr schön und imposant, allemal ein Besuch wert. Nachdem ich alles alleine besichtigt hatte (es kostet keinen Eintritt, man kann einfach hinein marschieren), kam plötzlich ein Iraner auf mich zu und arrangierte eine englischsprechende Fremdenführerin, welche mit mir noch eine interessante Führung unternahm, wobei ich alleine mehr gesehen habe. Sie war sichtlich schockiert, dass ich die Bibel nie (ganz) gelesen habe…
In Qom besuchte in noch einen Friedhof, wo die Grabsteine alle am Boden liegen, es sieht aus wie ein grosser, mit Grabsteinen gepflasterter Platz. Die Besucher können also gar nicht anders als über die Grabsteine zu laufen, was ich etwas befremdlich fand… ich meine, sonst machen die Iraner ein riesen Theater von wegen Schuhe ausziehen – in Moscheen, in Privatwohnungen, in Teehäusern – aber auf Gräbern darf bzw. muss man rumlatschen!
Heute, Sonntag 10.05.2015 (Muttertag) bin ich bereits seit einer Nacht in Kashan, eine kleinere Stadt südlich von Qom. Es gibt hier mega schöne alte traditionelle Bürgerhäuser, prunkvolle Anwesen wie aus tausend und einer Nacht. Man Betritt diese Anlagen quasi im Dachstock, welcher ebenerdig liegt: die Innenhöfe – es gibt pro Haus mindesten zwei davon, ein privater und ein (halb) öffentlicher für Gäste – liegen ca. 10 – 15 Meter unter der Erdoberfläche. Dank einem ausgeklügelten Windkanalsystem und Wasserverteilungsanlagen herrschte in diesen Herrenhäusern immer eine angenehme Temperatur; ein Segen im Sommer, wenn es draussen über 40°C heiss ist. Vor knapp zwei Stunden unternahm ich mit Tristan und Xavier, beides Franzosen, eine kurze Tour in die “Underground City of Nooshabad” (eindrücklich, aber nicht so toll wie diejenige in der Türkei) und zu der hübschen Fin-Gartenanlage, wo Tristan und ich von einer Horde pubertierender Schüler umzingelt wurden, welche alle ein Selfie mit Tristan oder mir machen wollten: so fühlt es sich also an, ein Filmstar zu sein!